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Silvo Lahtela

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Der Atem der Smartphone-Würmer

Buddha Statur, Nagaraja Buddha, Meditation
Atem und Bewußtsein, Masken und Viren

Atem und Psyche als Zwillinge

 

   In allen fernöstlichen Traditionen, die heute im Westen boomen und für Umsatz sorgen, seien es Kampfkünste wie Kung Fu oder Aikido, oder mehr introvertierte Aktivitäten wie Yoga oder Meditation, ist die gegenseitige Abhängigkeit von Atmung und Bewußtsein eine selbstverständliche, wenn auch oft ungewürdigte Tatsache. Ausgedrückt wird sie durch das bekannte Bild von zwei parallel schwimmenden Fischchen, wie sie in der Wirklichkeit eines Schwarms zu beobachten sind: Bewegt sich der eine, der Atem, bewegt sich sofort der andere, der Geist; und umgekehrt.

   Eine Synchronizität, die jeder erlebt hat; wenn man aufgeregt ist, atmet man schneller, wenn man konzentriert ist tiefer, wenn man Angst hat flacher. Aufgrund dieser automatischen Verschränkung von Psyche und Atmung war es für die historischen Yogis naheliegend, einen beunruhigten oder verstörten Geist nicht mit Gesprächstherapie, sondern mit Atemübungen, dem sogenannten Pranayama, zu heilen. Statt sich im Dickicht der seelischen Abgründe zu verlieren, die vermutlich auch damals schon die Menschen zur Raserei trieben oder in Trübsinn verfallen ließen, suchte man sich ein ungestörtes Plätzchen, atmete eine Weile tief ein und aus, hielt ab und an lange die Luft an und fand schnell und natürlich wie eine fallende Katze wieder das innere Gleichgewicht.

 

Das Bewußtein des Atmens

 

   Was etwa im Vergleich zur damals sowieso noch nicht erfundenen Psychoanalyse den unschätzbaren Vorteil hatte, praktisch sofort und nicht erst nach Jahren auf der Couch Wirkung zu zeigen. Auch wenn es im Alltag mit Mord und Totschlag, mit Angst und Wahnsinn wie eh und je und wie bis zum heutigen Tag weiterging – theoretisch war die Sachlage für die damalige Elite völlig klar: Freier Atem bedeutet befreiten Geist. Immer und überall.

   An diesem psychophysiologischen Fakt hat sich bis heute nichts geändert, ungeachtet dessen, daß echtes Bewußtsein für den Atem in der Bevölkerung nicht besonders verbreitet ist. Interviewt man allerdings Marathonläufer, Sänger, Taucher, Rettungssanitäter, Yogalehrer, aber auch Bauarbeiter beispielsweise, also Menschen, die aus erster Hand konkret dauernd mit natürlicher Atmung zu tun haben, sieht die Sache sofort anders aus. Oder man nehme als sehr illustren Vertreter dieser Gruppe den kürzlich verstorbenen buddhistischen Mönch und Friedensnobelpreisträger Thich Nhat Hanh – durch jahrzehntelanges Meditieren ein Vollprofi im Atmen –, der gerne folgendes Beispiel für Achtsamkeit im Hier und Jetzt brachte: Wenn er im Flugzeug säße und der Pilot würde den nahen Absturz verkünden, würde er instinktiv mit bewußtem Ein-und Ausatmen beginnen, und tiefenentspannt wie auf einem Meditationskissen dem gewissen Tod ins Auge blicken.

   Dies ist ein extremes und bewußtseinsmäßig fortgeschrittenes Beispiel. Aber es zeigt, daß die Art und Weise des Atmens keine Banalität ist, sondern alle möglichen Konsequenzen zeitigt. So wie ruhige und tiefe Atmung sogar Todesangst besiegen kann -–leider nicht den Tod selbst, man kann halt nicht alles haben –, kann nervöses und flaches Luftholen ohne Umwege direkt in eine Psychose führen. Nicht nur individuell, sondern massenhaft. Nicht nur temporär, sondern chronisch. Und mit diesem Schlenker bin ich mitten in der Gegenwart angelangt, der Gegenwart von Masken über Mund und Nase, in meinem Fall in Berlin.

 

Die Gegenwart der Masken und die Blockade des Atems

 

   Wer in dieser Stadt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, sieht keine Gesichter mehr, sondern Menschen mit Masken, wohin der Blick auch fällt. Ob tief in der Erde im vollen U-Bahnwaggon oder auf der Plattform einer S-Bahnstation im Freien bei leichtem Nieselregen in aller Herrgottsfrühe: 95 plus Prozent der Fahrgäste sind im modernen medizinischen Faschingslook unterwegs.

   Da dieser Text auf Common Sense und eigenem Urteil gründet, werde ich mich hier nicht mit fremden Federn wie irgendwelchen wissenschaftlichen Studien schmücken, die entweder auf den möglichen Nutzen oder auf den offenbaren Unsinn von Masken zur Infektionsabwehr von viralen Atemwegserkrankungen hinweisen. Ganz vorsätzlich ohne Rückendeckung durch politische oder medizinische Fachleute werde ich stattdessen von einer einfachen Erfahrung ausgehen, die jeder selbst innerhalb weniger als einer Minute machen kann: Daß es einen signifikanten Unterschied macht, ob man Maskenatmung oder natürliche Atmung praktiziert.

   Dieser Fokus auf persönlich nachvollziehbare Erfahrung und der Mut, sich beim Urteil darüber frei nach Kant seines eigenen Verstandes zu bedienen, ist unumgänglich, wenn die eigene Meinung irgendeine qualitative Bedeutung haben soll. Ich würde inzwischen sogar so weit gehen zu behaupten, daß der ständige argumentative Hinweis auf medizinische Studien oder politische Autoritäten, sofern es um die Corona-Maßnahmen geht, Teil des Problems und nicht der Lösung ist. Aber dazu komme ich noch. Zunächst möchte mit einem einfachen Experiment gleiche Voraussetzungen bei allen Lesern schaffen.

 

Ein Experiment

 

   Man suche sich also einen ungestörten Platz zum Sitzen, schließe die Augen und entspanne sich, so gut es geht. Dann atme man pistolenartig aus, indem man die Bauchmuskeln nach innen drückt. Das führt zu einer reflexartigen Einatmung. Das mache man mindestens zehn Mal. Dies ist eine yogische Atemtechnik, Kapalabhati, in deren Details ich jetzt aber nicht gehen werde. Dann setze man sich eine FFP2-Maske auf und praktiziere dasselbe nochmal. Es wird sich sofort deutlich unangenehmer anfühlen, weil der erhöhte Luftwiderstand durch den Maskenstoff spürbar wird, sowohl Ein- wie Ausatmung erfordern mehr Anstrengung. Und es macht auch klar, falls man es als Stubenhocker vergessen haben sollte, warum Freizeitläufer, die noch alle Tassen im Schrank haben – von Marathon-Profis zu schweigen –, ohne Masken ihre Runden in den öffentlichen Parks drehen. Gedrosselte Sauerstoffzufuhr ist das Allerletzte, was man beim Laufen brauchen kann.

   Nun ist es gewiß so, daß man im Supermarkt, im Flugzeug, in Museen, in Klassenzimmern oder halt überall da, wo von Staats wegen mehr oder weniger frei Schnauze – ha! – Maskenpflicht angeordnet wird, nicht dauernd auf die Idee kommt, sich körperlich derart zu verausgaben, daß durch Masken provozierte Atemnot ein Problem wird. Wenn man im Supermarkt an der Kasse in einer langen Schlange als Letzter steht, fällt man eher selten wegen Sauerstoffmangel tot um, während man mit Maske wartet, daß es vorangeht.

 

Konsequenzen der Atemblockade

 

   Aber hier kommt die psychologische Dimension ins Spiel, die mit der Funktion des Atmens untrennbar verknüpft ist. Denn die Dämpfung des Atems durch die Maske, die die körperliche Verausgabung im Keim buchstäblich erstickt, hat eine psychische Zwillingsschwester: Wer im obigen Experiment von der Maskenatmung wieder zur natürlichen Atmung wechselt, indem er sich den Lappen vom Gesicht nimmt, könnte merken, wie sich auch seelisch die Brust weitet und ein vages Gefühl von Bedrückung und Bedrohung wegfällt. Das positive Gefühl beispielsweise, Bäume ausreißen zu können – vermutlich bereits eine politisch unkorrekte Formulierung im gegenwärtigen, sprachlich völlig gestörten Deutschland – wird durch Maskentragen zuverlässig geblockt.

   Schon rein physiologisch sind bestimmte psychische Zustände, eben wie die von Freiheit und Optimismus, abhängig von frei zirkulierender Luft. Ist das Atmen wie auch immer behindert, wird stattdessen Sorge, Angst und Aggression dadurch gefördert. Evolutionär völlig logisch, denn wir Menschen können viel aushalten, schlechte Politik über Jahrzehnte, wochenlang ohne richtiges Essen sein, ein paar Tage sogar ohne Wasser überleben, – aber beim Atmen hört der Spaß sofort auf: Wir sterben ohne Sauerstoff innerhalb von Minuten.

   Alles, was also die Atmung behindert, und sei es nur ein bißchen, aktiviert daher automatisch und seit Jahrmillionen das sympathische Nervensystem, ausgelegt für Flucht oder Kampf in potentiell lebensgefährlichen Situationen. Die aggressive oder unterwürfige Aura von vielen Zeitgenossen, die mit Masken herumlaufen, ist daher KEINE persönliche Schwäche, sondern ein vorhersehbares Standardverhalten von humanen Säugetieren unter unbewußten Dauerstress. Die abwertende Charakterisierung von Menschen, die unkritisch die gegenwärtige Coronapolitik befürworten, als „Schafe“, gar als „deutsche Schlafschafe“, versteht nicht, daß ALLE Menschen unter der Fuchtel von Angst mehr oder weniger getrieben, also „schafsmäßig“ reagieren; und nicht mit coolem Bewußtsein à la James Bond oder dem von Buddha brenzligen Situationen ins Auge sehen können. Ausgehend von dem Ausdruck „deutsche Angst“ mag es allerdings so sein, daß zwischen Hamburg und München historisch mehr kellertiefe Angst in den Seelen zu finden ist als etwa zwischen New York und San Franzisko.

 

Der Teufelskreis aus Angst und Atemblockade

 

   Psychologisch-physiologisch bilden die Masken jedenfalls einen Teufelskreis: Sie sind anfänglich aufgesetzt worden, um vor einer angeblich hypergefährlichen tödlichen Atemwegserkrankung zu schützen, aber erzeugen (gedrosselte Sauerstoffzufuhr) körperlich die Angst, die wiederum das Tragen forciert. So daß bei der Bevölkerung klares Denken über den Nutzen und Sinn der Maßnahme völlig auf der Strecke geblieben ist.

   Und es kommt eine moderne Komponente hinzu, die die Angst der Zeitgenossen ununterbrochen, wirklich 24/7, am Köcheln hält. Und verhindert, daß der verstörte Geist je wirklich zur Ruhe kommt. Nein, es sind nicht die neuen Mutationen des Coronavirus, keine neuen „Wellen“ aus den fernsten Ecken der Welt. Es ist auch nicht die faktische Berichterstattung darüber, sondern es ist das PAUSENLOSE Bombardement des modernen Bewußtseins via Smartphone mit diesen Informationen. Praktisch jede Minute wirft irgendjemand ein neues Informationsscheit in das panische Feuer, das so immer weiter lodert.

 

Das Smartphone als Atemblocker

 

   Ob in Bangkok oder in Berlin, ob in Los Angeles oder London, überall starren die Leute ununterbrochen auf die Displays ihrer Smartphones. In U-Bahnen und Supermärkten, auf Liegewiesen und ja, sogar auf Toiletten. Der multimediale und multisoziale, der inhaltlich unerschöpfliche Jungbrunnen des Internets hat die Menschen unabhängig von Hautfarbe und Beruf, unabhängig von Religion und Haltung, unabhängig von Alter und Geschlecht in seinen Bann geschlagen. Verständlicherweise, denn mit einem Fingerwischen über das Wissen der Welt zu verfügen oder sofort mit Freund und Feind in nah und fern in Kontakt treten zu können – oder manchmal noch besser: Personen mit anderen Ansichten zu ghosten und zu blocken–, ist eine völlig neue, geradezu voodooartige Dimension der Kommunikation; die in früheren Zeiten eher Zauberern oder Dämonen, aber eigentlich nur Göttern vorbehalten war.

   So gesehen ist die Faszination über diese neue multimediale und multisoziale Kommunikation zutiefst menschlich, aber sie hat einen Preis, den man leicht übersieht, weil er so offensichtlich ist: Wer seine Nase ins Smartphone steckt, verliert automatisch exakt in diesem Augenblick seine Aufmerksamkeit für die reale Gegenwart und Umwelt. Sogar zu sich selbst, dazu komme ich gleich. Was kein Problem wäre, wenn der Fokus problemlos wieder vom Bildschirm zurück in die Realität wechseln könnte.

   Das ist weniger banal, als man zuerst denkt; denn der psychische Fokus wechselt irgendwann nicht mehr so leicht in die reale Gegenwart des Smartphone-Nutzers. zurück, sondern verbleibt für immer längere Zeiten in der virtuellen Welt. Es ist ähnlich wie mit dem „Bücherwurm“ in vordigitalen Zeiten: Mit diesem Ausdruck wurden Menschen scherzhaft charakterisiert – manche erinnern sich vielleicht –,die sehr viel gelesen, aber wenig wirklich erlebt hatten. Während die reale Welt vor ihren Augen zu einer Art Halluzination verschwamm – gefördert vielleicht noch durch chronische Kurzsichtigkeit –, erblühte das Reich der durch Bücher erzeugten Imaginationen und Phantasiewelten. Das Kennzeichens dieses eher schrulligen Menschenschlages war natürlich nicht, daß sie Bücher lasen, sondern daß sie es dauernd taten und die Welt nur noch durch gedruckte Worte wahrnahmen. Sie galten zumeist aber als harmlos und waren recht selten. Daß angelesenes Wissen echter Erfahrung nicht das Wasser reichen konnte, war noch vor wenigen Jahrzehnten vom Taxifahrer bis zum Nobelpreisträger für Literatur, vom Politiker bis zur Putzfrau intuitiver Common Sense in der Bevölkerung.

   Diese Haltung hat sich durch die globale Verbreitung des Smartphones dramatisch verändert. Denn plötzlich verhält sich die überwiegende Mehrheit der Menschen wie jener schrullige Bücherwurm vergangener Zeiten: Starrend auf das Display, möglicherweise noch mit Kopfhörern zusätzlich abgeschottet, verliert die unmittelbare Wirklichkeit jenseits der virtuellen Welt an Bedeutung. Frühmorgens in Berlin in der U-Bahn etwa nehmen fast alle Fahrgäste kaum noch die Mitmenschen wahr, sondern kauern symbiotisch versunken über ihren Smartphones.
Und hier sind wir wieder beim Atmen angelangt, beziehungsweise bei der Karikatur davon. Denn das zerstreute Wegdriften aus der Gegenwart ins Virtuelle – nicht zu verwechseln mit echter Konzentration, die natürlich theoretisch auch am Smartphone stattfinden kann –, spiegelt sich immer und automatisch im Atem: Er wird flacher, kürzer und abrupter sein. Das heißt, der Atem der Smartphone-Würmer ist automatisch maskenkompatibel, um zum Thema zurückzukehren, da er mit weniger Sauerstoff schon zufrieden ist.

 

Atem und Freiheit

 

   Weil man zum Bedienen eines Smartphones also weder die Lunge eines Bergsteigers noch die Achtsamkeit eines Zenmönches braucht, beides zusammen schon gar nicht, man im Gegenteil dabei wie immer bei fahrig und zerstreuten Aktivitäten ohne Bewußtsein atmet, ist es überhaupt kein Wunder, daß symbiotische Smartphone-User keinerlei praktische Probleme damit haben, eine Maske zu tragen. Sie merken es möglicherweise gar nicht mehr. Da sie aber die Maske tragen, haben sie wiederum wie beschrieben mehr Angst. Die wiederum vom Smartphone ununterbrochen mit sogenannten Informationen geschürt wird. Dies ist ein astreiner Teufelskreis, eigentlich schon eine dreidimensionale Teufelskugel, die man nur lebendig verlassen kann, wenn man sich so schnell wie möglich auf die natürliche und selbstbestimmte Atmung und damit das körpereigene Immunsystem besinnt. Auch ohne Yoga, Kampfkünste, Meditationstechniken, auch jenseits von Buddha und Bruce Lee: Der Ausweg aus dem menschlichen Alptraum der Masken existiert.

   Natürlich kann man unverdrossen die Meinung hegen, privat oder öffentlich, Masken würden einen lebensrettenden und deswegen notwendigen Schutz vor einer viralen Atemwegserkrankung bilden. Aber selbst dann sollte man die weitreichenden Konsequenzen bedenken. Für Menschen ist selbst minimal, aber chronisch gedrosselte Sauerstoffzufuhr keine Kleinigkeit. Das ist nicht trivial und steht im Konflikt mit sowohl der persönlichen Erfahrung als auch mit der bisherigen Evolutionsgeschichte. Das sind ernstzunehmende Gegner. Von Panik und Meinungen letztlich unbeeindruckbar. Der vorliegende Text macht auf sie aufmerksam; nicht mehr, nicht weniger.

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